Warschau ist eine spannende und gleichzeitig angenehm entspannte Stadt. In der Innenstadt der polnischen Metropole treffen charmanter Altbau, sozialistisches Erbe und die Moderne aufeinander. Diese vermeintlichen Gegensätze vereint die polnische Hauptstadt ebenso harmonisch wie selbstverständlich miteinander.
In diesem Artikel:
Der Warschauer Kulturpalast (Pałac Kultury i Nauki)
Mein Bus trägt mich in Richtung Warschauer Innenstadt und spuckt mich am Kulturpalast aus. Das ikonische Wahrzeichen der Stadt ragt über 230 Meter in den blau-weißen Himmel. Zum ersten Mal in meinem Leben treffe ich auf stalinistisch-sowjetische Prachtarchitektur. Und ja, sie wirkt: Ich bin beeindruckt.
Der 42-stöckige Turm, der entfernt an das Empire State Building in New York erinnert, ist nur ein zentraler Teil dieses riesigen Komplexes. Ganze 20 Minuten brauche ich, um den Kulturpalast einmal zu umrunden.
In seinen zahlreichen Nebengebäuden und Eingängen findet sich unter anderem ein Kino, mehrere Theater und Konzerthallen, Konferenzräumlichkeiten, mindestens eine Bar und diverse Museen. Sein Name ist also wortwörtlich Programm.
Als ich mit dem beeindruckt sein soweit fertig bin, fällt mir auf: Monumentalbauten weltweit sind sich ziemlich ähnlich. Möglichst hoch, klotzig, mit dicken Säulen und Statuen. Ob die alten Römer, Amerikaner, Russen oder Araber ‒ das Bedürfnis, mit bombastischer Architektur Eindruck zu schinden ist zeitlos und universell.
Nożik-Synagoge und Piłsudski-Platz (Plac Piłsudskiego)
Von hier aus laufe ich zur Nożik-Synagoge, die als einziger jüdischer Tempel Warschaus den 2. Weltkrieg heil überstanden hat. Sie war Teil des sogenannten kleinen Ghettos von Warschau. Inzwischen ist vom Ghetto nicht mehr viel zu erkennen: die Synagoge ist umgeben von verglasten Wolkenkratzern.
In wenigen Minuten schlendere ich zum nahe gelegenen Sächsischen Garten (Ogród Saski). Dieser kleine Park erinnert mich an eine Kreuzung aus Pariser Parkanlage mit Wiener bunt bepflanzten Blumenrabatten.
Der Ogród Saski führt mich zum Piłsudski-Platz, wo ich mit dem nächsten Lerneffekt in Sachen sowjetische Stadtplanung konfrontiert bin: Anscheinend braucht eine sozialistische Stadt einen Platz, der mitten im Stadtzentrum liegt und keinerlei erkennbare praktische Funktion hat.
Kein Mülleimer, keine Sitzbank, kein Brunnen, keine Menschen. Immerhin brennt am Rande des Plac Piłsudskiego das ewige Feuer am Grab des unbekannten Soldaten. Und eine schwarze Treppe gedenkt an die Opfer des Flugzeugunglücks 2010 in Smolensk.
Doch unter bürger-/genossenfreundlicher Stadtplanung verstehe ich persönlich irgendwie etwas anderes. Und nein: Militärparaden sind in meiner Welt kein Argument.
Die historische Altstadt von Warschau
Mit dem E-Scooter hopple ich ein paar hundert Meter weiter und stelle ihn am Rande der Prachtstraße Krakowskie Przedmieście ab. Hier ändert sich das Gesicht der Stadt drastisch: Obwohl im 2. Weltkrieg über 90% der historischen Bausubstanz zerstört wurde, haben die Polen alles darangesetzt, um die vergangene Pracht wieder aufleben zu lassen. Und das derart erfolgreich, dass die UNESCO die neugebaute Altstadt schon lange in ihr Weltkulturerbe aufgenommen hat.
Ein Großteil dieser prächtigen Paläste, Häuser und Kirchen säumt die Krakowskie Przedmieście-Straße. Genau wie zahlreiche Restaurants, Bars und Cafés. Schließlich wollen Touristen in Warschau standesgemäß gefüttert werden.
Geht man die Ulica Krakowskie Przedmiescie weiter, stößt man auf den Schlossplatz (Plac Zamkowy) mit der berühmten Sigismundsäule. Fun Fact: Von dieser Säule aus werden offiziell alle Distanzen zwischen Warschau und dem restlichen Polen gemessen.
Am Schlossplatz sticht mir vor allem eines ins Auge: der schöne Farbkontrast der verschiedenen Häuser. Auch die entspannte Quirligkeit aus Händlern, Touristen und Einheimischen macht den Schlossplatz zu einem geeigneten Ort, um etwas zu verweilen und Menschen zu beobachten.
Von hier aus tragen mich die Füße zum Altstadtmarkt, auf dem ich eine alte Bekannte wiedertreffe: die Warschauer Syrenka.
Der Altstadtmarkt ist zu allen vier Seiten von relativ schmalen, bunten Häusern eingerahmt, in deren Erdgeschoss Läden, Restaurants und Cafés alles bieten, was das Touristenherz begehrt. Wenige Meter hinter dem Marktplatz verläuft die historische Stadtmauer. Das trutzige Bauwerk trennt die Warschauer Altstadt von der Neustadt.
Ab in die Moderne
Nachdem ich noch einige Kleinigkeiten brauche und der Tanzabend lang zu werden verspricht, mache ich mich auf in Richtung Bahnhof. Hier liegt auch die letzte Etappe des heutigen Sightseeing-Tages: das topmoderne Zlote Tarasy-Einkaufszentrum. Mit seiner Spiegelglasfassade steht es übrigens in krassem Kontrast zum Kulturpalast nur 200 Meter weiter.
Für heute lasse ich jedoch die architektonischen Betrachtungen hinter mir: Mit Wasser, Obst, Gemüse, Nüssen und Riegeln in der Tasche hüpfe ich in mein Uber. Und freue mich auf die Ruhe meines Hotelzimmers.
Wie meine beste Freundin es so schön formuliert: Mein Kanal ist erstmal voll. Also ist es Zeit, um mich ein bisschen auszuruhen, zu snacken und eine Siesta zu machen. 🙂
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