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Panama
LateinamerikaPanama

Was ich von den Panameños lernen kann ‒ 4 Lektionen einer Reisenden

Neben den Erlebnissen im Außen hat mir meine Panamareise auch Momente tiefer innerer Einkehr und Reflektion geschenkt. Wenn man sich eine Weile aus der Hektik und den Automatismen des Alltags herausnehmen und innehalten kann, kommen dabei oft spannende Erkenntnisse heraus. Was sind also die Lektionen, die ich aus Panama mit ins „normale“ Leben zurücknehme?

1. Loslassen und einfach Sein steigert die Lebensqualität

In einem Land, in dem es keine klaren Regeln und Fahrpläne gibt und in dem alles einfach die Zeit braucht, die es braucht, habe ich viel Wartezeit zu überbrücken. Das ist anfangs nervenaufreibend. Ich bin angespannt und genervt. Frau will ihre wertvolle Urlaubszeit ja optimal nutzen.  

Als ich mich auf den Bocas dann endlich dem Chaos hingebe – sei es die Tatsache, dass ein Transportmittel einfach ausfällt, man aufs Essen 60 min wartet (hier entstanden einige Blogeinträge) oder das Boot/der Bus halt erst dann abfährt, wenn es/er voll ist – verleiht mir das eine Art entspannte Gelassenheit. Ich erkenne, dass Wartezeiten mir die Möglichkeit bieten, aus unserem westlichen A-nach-B-Tunnel auszubrechen. Auf einmal bemerke ich kleine Details, die mir sonst nie aufgefallen wären: Gesichter, der Verkehrsfluss, Gespräche…

Wartezeit ist eine Chance auf Entschleunigung und geistige Flexibilität, ein sich Einlassen auf die Reise und das Leben mit allen Sinnen.  

2. Selbstbewusstsein und Eigenliebe

Was auch immer frau von ästhetischer Seite vom Stil der Latinas halten mag: Der eigene Körper wird in Lateinamerika ganz anders wahrgenommen und präsentiert. Jeder weibliche Körper ist erstmal prinzipiell sexy und schön. Und wird ausgiebig gezeigt und betont durch knallenge Kleidung mit Cut outs und Spitzeneinsätzen. Auch wenn man 140 kg wiegt, ist bauchfrei hier durchaus machbar. Und die Männer sind total stolz auf ihre Frauen. Von diesem Selbstbewusstsein kann ich mir nur eine ganz große Scheibe abschneiden. So wie ich bin, bin ich perfekt und wunderbar.  

3. (Über-)Lebenskunst

Sei es beim Laufen durch die Straßen von Bocas del Toro, auf San Blas oder durch die Slums von Panama Stadt: Mir sticht immer wieder ins Auge, wie drastisch sich die Lebensumstände der Menschen in Panama von den unseren unterscheiden.

Auf den Bocas del Toro lebt eine Familie in einer Holzhütte auf Stelzen, meist ein Raum plus Bad und Küche. Das Haus entspricht einer schlechteren Schrebergartenhütte mit rohen, gestrichenen Holzwänden. Bedingt durch die hohe Luftfeuchtigkeit und den Salzgehalt in der Luft ist alles permanent klamm. In diesen Hütten hängen meist 1-2 Bilder an den rohen Wänden, es gibt einen Fernseher (den aber auch in der kleinsten Hütte), ein Sofa, ein Bett. Ganz oft passiere ich Gebäude, die mein Hirn automatisch als unbewohnbar klassifiziert – bis ich bemerke, dass hier Wäsche hängt oder jemand zur Türe herauskommt und ich einen Blick ins Innere werfen kann.

Das stimmt mich sehr demütig und dankbar zugleich.

Auf San Blas lebt eine Großfamilie mit 7-8 Personen in einer Bambushütte, die mit Palmblättern gedeckt ist. Der Boden besteht aus Sand, Einrichtung sind die 7-8 Hängematten, in denen geschlafen wird. Ende. (Und wir sprechen hier nicht von modernen Reisehängematten aus Fallschirmseide oder so.)

In Panama Stadt, so bestätigen mir verschiedene Panameños, herrscht derweil Wohnungsnot: Flüchtline aus Venezuela kommen in großer Anzahl nach Panama. Sie teilen sich kleine Wohnungen, oft zu vielen und können so die steigenden Mitpreise stemmen. Die Panameños, die im „normalen“ Familienverband leben, können diese hohen Mieten nicht bestreiten und werden in schlechtere Viertel verdrängt.

Viele Gebäude in der Innenstadt werden abgerissen, um Platz für neue Immobilien für Investoren aus dem Westen zu schaffen. Amerikanische und kanadische Rentner setzen sich in Panama zur Ruhe und kaufen sich Apartments in einem der vielen Hochhäuser, die überall aus dem Boden schießen. Die abzureißenden Gebäude werden bis zuletzt besetzt, weil die Menschen nicht wissen, wohin – oftmals tage- und wochen- oder monatelang ohne Strom, Wasser oder Müllabfuhr.

Würde ich Wohlstandsbürgerin unter diesen Umständen überhaupt überleben können? Mich machen solche Beobachtungen und Überlegungen einfach nur zutiefst dankbar für den unglaublichen Luxus, den ich in Deutschland erfahren darf. Und die Tatsache, dass es kein Verdienst ist, sondern zu einem großen Maß einfach nur davon abhängt, wo auf der Welt wir geboren wurden. Es ist alles eine Frage der Perspektive – und diese rückt meine Erste-Welt-Probleme ganz schnell wieder in Relation.

4. Aus nichts etwas machen

In unserer westlichen Gesellschaft mit ihrem unendlichen Überfluss kann man heutzutage – sei es in Geschäften oder im Internet – für so ziemlich jedes Bedürfnis eine maßgeschneiderte Lösung erwerben. Es gibt also ein schier endloses Angebot und meist können wir es uns finanziell leisten, dieses anzunehmen. Was wir wiederum kaum haben, ist Zeit oder Lust, Kaputtes zu reparieren und Energie oder Kreativität in Dinge zu investieren. Wieso auch? Konsum ist ja der einfachere Weg.

Und das habe ich in Panama staunend genossen: Wozu braucht man eine Spezialvorrichtung, um Touristen beim Deep Water Boarding hinter dem Boot herzuziehen, wenn es Seil, Knoten und ein einfacher Holzbalken auch tun? Mit genug Energie und Kreativität (und zugegeben einer Portion Abenteuerlust) kann man Autos und anderen Maschinen quasi zum ewigen Leben verhelfen. Wieso Ladenschilder beim Schildermacher bestellen? Dafür gibt es Spraydosen und Wände. Damit kann man genauso bekannt machen, welche Dienstleistungen man anbietet.

Muss denn alles perfekt sein? Einer Norm entsprechen? Eigentlich ist es viel schöner, Dinge selbst zu schaffen oder zu erhalten, weil ihnen dann eine ganz andere Wertigkeit zukommt.

Wo Nachhaltigkeit bei uns langsam wieder in Mode kommt und immer beliebter wird (zugegeben aus anderen Beweggründen), ist sie dort überall im Alltag zu beobachten. Ich packe mich an der eigenen Nase und nehme mir fest vor, weniger zu konsumieren und dafür die Lebensdauer meiner Besitztümer im Rahmen meiner Möglichkeiten zu verlängern. Ein bisschen Flicken hier, ein Anstrich da – und gleich hat man eine ganz andere Beziehung zu den Gegenständen, die uns jeden Tag umgeben.

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