Etwa 650 Höhenmeter führen von der Spitze des Vulkan San Antonio bis ans Meer zum Leuchtturm von Fuencaliente. Dazwischen liegen viele Eindrücke, Steinchen im Wanderschuh und atemberaubende Momente in einer bizarren Mondlandschaft. Am Ende der Vulkanroute erwarten mich gleich zwei Leuchttürme – und die letzte aktiv betriebene Saline von La Palma.
In diesem Artikel:
Zur vulkanischen Südspitze von La Palma
Auch wenn es sich für Dich anders anfühlen mag: tatsächlich arbeite ich hier auf La Palma jeden Tag. Denn mein Privatleben beschränkt sich auf den Tanzkurs am Mittwochabend (übrigens: großartig!) und den Kirchenbesuch am Sonntag. Das gibt mir viel Zeit zum Texten und Bloggen.
Und es arbeitet sich wirklich ausgesprochen gut hier auf La Palma: der Ausblick aus meiner Airbnb-Wohnung inspiriert mich jeden Morgen aufs Neue zu kreativen Höhenflügen. Doch natürlich beflügelt der Gedanke an einen Ausflug nach Feierabend zusätzlich die Produktivität.
An diesem Nachmittag zieht mich mein Herz in den rauen Süden zu den Lavafeldern, die die gesamte Südspitze von La Palma überziehen. Ich will weg vom Schreibtisch, raus in die Natur, brauche Raum zum Denken und Atmen. Mit dem Auto brauche ich etwa eine Stunde bis nach Fuencaliente. Das liegt vor allem an der Dauerbaustelle, aus der fast die gesamte Straße aktuell besteht.
Am frühen Nachmittag komme ich am Besucherzentrum des Vulkan San Antonio an. Gegen 5€ Eintritt darf ich mein Auto auf den gepflegten Parkplatz stellen. Im Besucherzentrum selbst erfahre ich einiges über die vulkanische Geschichte La Palmas – aber um ehrlich zu sein zieht es mich viel mehr nach draußen, an den sonnigen, windigen Kraterrand. Zusammen mit einer fast überwältigend großen Schar an deutschen Rentnern umrunde ich den Krater des Vulkans auf einem leicht begehbaren Weg (daher auch die vielen Ruheständler). Es ist ein surreales Gefühl, von oben in einen Vulkankrater zu blicken – und darin auch noch so viele grüne Bäumchen zu finden.
Der Ausblickspunkt des Volcán San Antonio liegt entweder auf 657 oder auf 632 Metern über dem Meer (meine Reise- und Wanderführer sind sich uneinig und ich habe diesmal dummerweise vergessen, nachzumessen). Von hier aus habe ich einen atemberaubenden Blick über den Vulkan Teneguía bis hin zu den Leuchttürmen von Fuencaliente unten am Meer. Meine Wanderroute, die sogenannte Vulkanroute, liegt quasi zu meinen Füßen.
Oberhalb des Kraterrands liegt außerdem die „Großstadt“ des palmerischen Südens: Fuencaliente.
Wandern auf der Vulkanroute
Zum Glück finde ich nicht sofort den Einstieg in den Wanderweg und frage deswegen bei der Dame am Kassenhäuschen nach. Sie verrät mir netterweise, dass der Parkplatz des Besucherzentrums schon um 17:30 schließt. Glück gehabt! Ich parke das Auto also um vor das Eingangstor – und dann geht es los auf der Vulkanroute. Der Weg geht die ersten eineinhalb Kilometer steil bergab und ist extrem treibsandig/geröllig. Ich würde es nicht direkt Wandern nennen, sondern mehr ein von meinen Wanderstöcken teil-gestopptes Rutschen. Nach wenigen hundert Metern fange ich an, meine Entscheidung mit dem Wandern zu bereuen – als der Weg dann doch recht breit und eben wird. Halleluja!
Durch die unterschiedlichen Ausprägungen der schwarzen Lava-Landschaft führt sie, die Vulkanroute. Mal ist es windstill und warm, mal windig und frisch – zumindest, bis ich kurz vor Schluss aus den Lavafeldern heraustrete. Mein Blick fällt bereits auf die Leuchttürme unten am Meer mit den dahinter liegenden Salinen – als ich fast weggepustet werde. Ernsthaft. Ich bin dankbar um meinen schweren Rucksack, weil ich sonst vermutlich noch jetzt mit all meinen knapp 60 Kilo Kampfgewicht irgendwo im Atlantik treiben würde. Ich werfe mich richtiggehend gegen die starken Windböen, die mir die Stöcke vor die Füße wehen, Tränen in die Augen treiben und teilweise ernsthaft drohen, mich umzuwerfen. Immerhin: Hildes Hut sitzt!
Nicht einer, sondern gleich zwei Leuchttürme
An der südlichsten Südspitze besitzt La Palma nicht nur einen Leuchtturm, sondern gleich zwei. Der alte Leuchtturm (Faro) aus schwarzem Lavastein ist heute nicht mehr in Betrieb. Stattdessen ist er a) dekorativ und b) beherbergt er ein Meeresmuseum. Der neue, rot-weiß-gestreifte Faro de Fuencaliente hingegen tut, was ein Leuchtturm so tun sollte. Und leuchtet nachts Schiffen den Weg.
Die Sache mit dem letzten Bus
Mir war natürlich abstrakt bewusst, dass ich wieder irgendwie hoch zu meinem Auto kommen sollte. Aber manchmal habe ich auf Reisen akute Anflüge von Coolness und Gottvertrauen – irgendwie wird das schon werden. Mit diesem Gefühl kehre ich erstmal im absolut herrlichen Restaurant „El Jardín de la Sal“ ein. Wandern macht nämlich echt hungrig!
Nach dem Bestellen frage ich meinen Kellner, wann denn der letzte Bus nach Fuencaliente geht. Um 17:40 Uhr sagt er, in 40 Minuten also. Uncool. Ich habe null Lust darauf, mich zu hetzen. Als ich trotzdem mitten beim Essen die Rechnung verlange (mit der Begründung „letzter Bus“) hat der Kellner Mitleid mit mir: Er und seine Kollegen haben in etwa einer Stunde Dienstschluss und könnten mich mit hoch zu meinem Auto nehmen. Liegt ja eh auf dem Weg. Wie lieb! Das Angebot nehme ich natürlich gerne an. In aller Ruhe esse genüsslich ich auf, lasse ihm ein gutes Trinkgeld da – und stehe mit den Worten „Vergiss mich nicht!“ vom Tisch auf.
Die Salinen von Fuencaliente
Im Licht der letzten Sonnenstrahlen mache ich mich daran, die Salinas Marinas de Fuencaliente zu erkunden. Es gibt einen Rundgang, der auf Schautafeln erklärt, wie das Salz in einer Saline gewonnen wird. Direkt am Atlantik gelegen ist dieser südliche Zipfel Land dank dem allzeit heftigen Wind und der vielen Sonne perfekt für die Salzgewinnung geeignet. Ich bin jedenfalls unendlich dankbar dafür, dass ich ganz entspannt genießen darf, wie die Sonne hinter der Saline im Meer versinkt – ein Schauspiel, bei dem das Herz aufgeht vor Schönheit. Und eines, das ich nie erlebt hätte, hätte ich meine Rückfahrt nicht dem Zufall überlassen.
In einem kleinen Lädchen verkauft die Saline ihre Produkte: verschiedene Sorten des Teneguía-Salzes, wobei ich Dir das Rotwein-Flor de Sal besonders empfehlen kann. Übrigens kannst Du das Salz hier auch verkosten.
Nach Sonnenuntergang und Feierabend steige ich in das Auto von Kellner Jalal und seinem Kollegen. Ein klitzekleinwenig mulmig ist mir schon, mich im Dunkeln zwei fremden Männern anzuvertrauen. Jedoch völlig zu Unrecht: Es wird eine lustige, kurzweilige Fahrt nach oben, in der mein gebrochenes Spanisch zu Höchstleistungen aufläuft. Die Jungs fahren mich direkt bis zu meinem Auto – und warten sogar noch, bis ich eingestiegen bin, bevor sie losfahren. Merke: Sich ein bisschen treiben lassen kann zu wundervollen Ergebnissen führen.
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