Wenn ich Dir heute ein verwunschenes Piratennest über der Brandung des Atlantiks verspreche, versprichst Du mir dann, ein paar Zeilen Geduld mit mir zu haben? Deal! Für diesen Post über Puntagorda möchte ich nämlich ein wenig ausholen. Und Du wirst gleich sehen, warum und was unsere Reise heute mit sich bringt.
In diesem Artikel:
Drago ‒ La Palmas Drachenbäume
Die letzte Eiszeit in Europa – ja, SO weit hole ich aus – hat die Kanaren zum Glück verschont. Aus diesem Grund gibt es hier so einiges an Pflanzenwelt, was Du sonst nirgends auf der Welt finden kannst. Eines dieser einmaligen Relikte ist der kanarische Drachenbaum, botanisch auch Dracaena draco genannt. Aber seine Freunde nennen ihn alle „Drago“.
Und – damit wären wir wieder im Jetzt und Heute und bei mir – ich finde Dragos sehr sehr cool. Frag mich nicht warum, ist halt so. Jedenfalls freue ich mich jedes Mal wie ein kleines Kind darüber, wenn einer irgendwo am Straßenrand steht.
Um Dir unsere Fahrt in den Nordwesten nach Puntagorda so bildhaft wie möglich zu schildern, stell Dir folgendes Szenario vor: Monika sitzt am Steuer. Es läuft Musik und sie singt lauthals mit. Der Wagen schlängelt sich die steilen Haarnadelkurven des Aridane-Tals nach oben. Monika sieht einen Drachenbaum. Sie ruft erfreut „Drago!“. Sie singt weiter. Und das Ganze wiederholen wir, bis wir – an Puntagorda vorbei – 45 Minuten später in Las Tricias landen.
[Übrigens gebe ich das Drago-ruf-Spiel frei für alle Kanaren-Urlauber, die beim Autofahren Unterhaltung brauchen – oder einfach ein wenig nur ihre Mitfahrer nerven wollen. Die Spielregeln:- Wer den Drachenbaum zuerst sieht, ruft „Drago!“
- Für denselben Drachenbaum darf man nicht zweimal „Drago!“ rufen. Erst auf der Rückfahrt ist das wieder gestattet.
- Wohl aber darf man mehrfach hintereinander „Drago“ rufen, wenn man mehrere Dragos an einem Fleck sichtet.
- Wer zuerst entnervt aufhört, hat verloren. Viel Spaß!]
Las Tricias, die Kirche und der Hut
In Las Tricias, genau gesagt auf der LP1 bei Kilometer 72 liegt die neuapostolische Kirchengemeinde von La Palma. Kurz: Wir sind zu viert. Es ist herzerwärmend schön. Und definitiv die Kirche mit dem besten Ausblick, die ich jemals erlebt habe. Herrlich!
Danach fahre ich eine Schwester nach Hause, die unten im Ort Las Tricias wohnt. Wir haben ein nettes Gespräch, sie ist Schneiderin, eins kommt zum anderen – und ich bekomme nächste Woche einen maßgeschneiderten Hut. Aus Stoffen, die ich mir selbst aussuchen durfte. Genau das, was in meiner Reisegarderobe noch gefehlt hat. Ich bin sehr gespannt auf das Endergebnis!
Puntagorda – Einmal die Markthalle leerfuttern
In El Fayal, dem nördlichen Stadtteil von Puntagorda, liegt die Markthalle. Hier findet jeden Samstag von 15 bis 19 Uhr und sonntags von 11 bis 15 Uhr ein Markt statt, der vor allen Dingen lecker ist. Hier hole ich mir als allererstes einen frisch gepressten Zuckerrohrsaft mit Ingwer. Mmmmmh! Die Süße des Zuckerrohrs wird ausgeglichen durch die leichte Schärfe des Ingwers – sehr zu empfehlen.
Neben frischen Säften, Bio-Obst und Gemüse, regionalen Produkten wie Wein, Käse, Oliven, Brot oder Mandelmus gibt es hier auch extrem leckere Kekse und Kuchen.
Außerdem ist der Mercadillo de Puntagorda ein toller Ort zum Shoppen: An den Ständen der Kunsthandwerker lockt geschmackvolle Keramik, Lederwaren, Näharbeiten, Schmuck. Es rät sich, den Geldbeutel gut festzuhalten und an das begrenzte Gepäckvolumen zu denken.
Übrigens liegt die Markthalle direkt am Barranco Izcaguan. Der Tourismusverband hat zwei gläserne Stege gebaut, die über den Rand dieser Schlucht hinausragen und tolle Fotomöglichkeiten bieten. Ich empfehle, das vor dem Marktbesuch zu machen – nicht dass der Glassteg einen Knacks bekommt unter dem Gewicht der vielen Köstlichkeiten. 😉
Puerto de Puntagorda – geheimes Piratennest und Herzensort
Mit Mango, Mandelmus, Karotten, Dinkelsemmeln und Kokosmakronen eingedeckt fahren wir weiter zu einem meiner persönlichen Herzensorte auf La Palma: dem klitzekleinen Puerto de Puntagorda.
Einst als Hafen der Stadt Puntagorda genutzt, ist er inzwischen ein kleiner Geheimtipp für – ja, ich weiß auch nicht so genau, Hippies und Aussteiger, Individualtouristen und Dich natürlich.
Eine abenteuerliche Anfahrt
Von El Fayal – oder generell von Puntagorda aus – findest Du den alten Hafen am besten, wenn Du immer bergab fährst. Quasi einfach in Richtung Meer. Und wenn Du nicht mehr weiterweißt, gibt es vereinzelt sogar mal ein Schild.
Ein sehr gutes Zeichen dafür, dass Du Dich dem Puerto näherst ist, wenn sich der Zustand der Straßen von okay nach mies nach schlecht nach richtig katastrophal entwickelt.
Und wenn Du dieses Schild siehst, endet die Straße. Du bist angekommen und solltest am Straßenrand Parken.
Treppab zum Herzensort
Links vom Schild, ganz hinten, gehen die Treppenstufen los: 426 Stück führen an der Steilküste hinab zum Hafen. Vorbei an kleinen Verschlägen mit bunten Fensterläden, Vorhängen und kleinen Gartennischen. Sie alle sind in die Höhlen gebaut, die der schwarze Lavafelsen auf der Vulkaninsel La Palma reichlich aufweist. Wer wohl darin wohnt?
Es sieht mir aus, wie eine Mischung aus Schrebergartenhütte und Strandkorb. Vermutlich ein Wochenend“häuschen“ für Palmeros aus der Stadt. Ich weiß es nicht, doch der Gedanke fasziniert mich. Ich stelle mir vor, dass schon vor hunderten Jahren Piraten hier ihre Nester in die Felswand gebaut haben – und heute noch ihre Nachfahren hier wohnen…
Weit unten liegt ein klitzekleines Meerwasserschwimmbecken. Und das ist gut so, denn wer die 426 Stufen bei 26 Grad im Sonnenschein gemeistert hat, dem ist warm.
Beim Trocknen auf einem Felsen entdecke ich ein Mini-Spektakelchen der besonderen Art: Wo die Brandung durch ein Luftloch nach oben drückt, entsteht im Sprühregen ein kleiner Regenbogen. Was für ein verzauberter Ort!
Ich sauge die Naturschönheit ein, die Wildheit der Brandung, versuche sogar einmal, etwas zu lesen – doch meine Augen landen immer wieder auf dem Spiel der Wellen.
Ein Teil meiner Seele bleibt hier. Zieht in ein kleines Piratennest im Puerto de Puntagorda ein, sieht der Sonne jeden Abend dabei zu, wie sie über dem Atlantik ins golden glühende Meer versinkt… Und seufzt glücklich: „Drago!“
Dir hat das Drago-Spiel gefallen? Oder Du hast etwas entdeckt, was auf keinen Fall bei einem Besuch am Hafen von Puntagorda fehlen darf? Ich bin gespannt, was Du mir schreibst.
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