Ganz im Norden ist der vulkanische Ursprung von La Palma kaum zu erkennen. Sattes Grün überzieht Hügel und Täler. Die einstige Kornkammer der Isla Bonita, in der noch heute Ziegen, Schafe und sogar Rinder weiden, ist fast immer von Wolken bedeckt. Oft ist es hier nebelig und ziemlich feucht. In diesem Klima findest Du die berühmten Nebelwälder und einen einzigartigen Einblick in La Palmas Geschichte: die Petroglyphen von La Zarza. Außerdem atemberaubende Küstenszenerien, die mich an Irland erinnern. (Ohne jemals dort gewesen zu sein.)
In diesem Artikel:
La Zarza, die Petroglyphen, Max und ich
Vom gerade dauerverregneten Tazacorte aus geht es in den Norden: Max von der Kirche hat mich nach Las Tricias zum Abendessen eingeladen. Prima, denke ich mir: Ich wollte mit Dir sowieso noch einen Ausflug zu den Petroglyphen von La Zarza machen. Sie liegen etwas nördlich von Las Tricias, das lässt sich ganz hervorragend verbinden.
So fahre ich – etwas aufgehalten durch eine Baustelle an der steilen Passstraße, mehrere Baustellenfahrzeuge und Touristen, die im Urlaub anscheinend das Autofahren verlernt haben – zu Max. Er steigt (freiwillig!) in mein Auto und auf geht es, weiter der LP-1 folgend nach La Zarza zu den Petroglyphen.
Petro-was? Petroglyphen – was ist das eigentlich?
Petroglyphen sind in Stein gehauene oder geritzte oder geschabte Zeichen. Diese Steinzeichen bedecken auf La Palma viele der Felswände. Besonders häufig findet man sie in und um Höhlen, in denen die palmerischen Ureinwohner seinerzeit Unterschlupf gesucht haben. Geschichtsinteressierte finden auf der gesamten Insel über 50 Stellen mit Petroglyphen. Über 2000 Jahre alt sind sie angeblich, verrät mir Wikipedia.
Was genau es mit La Palmas Petroglyphen auf sich hat, darüber sind sie die Archäologen bis heute nicht einig. Trotzdem finde ich es spannend, der Geschichte von La Palma ein wenig näher zu kommen.
Parque Cultural La Zarza & La Zarcita
Neben dem Informationszentrum in La Zarza ist ein großer Parkplatz. Um in den Parque Cultural La Zarza zu kommen, zahle ich 2 Euro Eintritt. Darin enthalten ist eine kleine Ausstellung, in der man mehr über die palmerischen Ureinwohner, die Benahoaritas, erfahren kann. Durch ein Tor betrete ich den Rundweg, der die insgesamt drei wichtigen archäologischen Fundstätten verbindet: La Zarza, La Zarcita I und La Zarcita II. (Max klärt mich darüber auf, dass zarza auf Spanisch etwa so viel bedeutet, wie Dornbusch oder Himbeerstrauch. Davon gibt es hier tatsächlich ein paar, das macht Sinn.)
Die Luft ist feucht. Vor kurzem hat es wohl noch geregnet, denn es hängen Tropfen in Farnen und Bäumen. Ein Pfad führt durch einen fast schon verwunschenen Nebelwald, der erst so richtig märchenhaft wird, als ein paar Sonnenstrahlen das feuchte Dickicht durchdringen.
In La Zarza, unserem ersten Halt, sind die steinernen Zeichen sehr einfach gehalten. Ganze Wände überziehen die steinernen Zeichen. Jedoch sind die meisten Petroglyphen in einem so schlechten Zustand, dass Max und ich das Spiel „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ spielen: War dieser Kringel mal eine Petroglyphe oder doch nur eine Ader, die den Basalt durchzieht? Wir beide finden das recht lustig und unterhaltsam.
In La Zarcita werden die Petroglyphen dann komplexer. Mein Reiseführer spricht von „figürlichen Darstellungen.“ Um das zu erkennen, fehlen mir wohl die archäologischen Hintergrundkenntnisse. In meinen Worten: Es sind halt keine Kringel, sondern verschlungene Linien.
Abenteuerfahrt zwischen Garafía und Barlovento
Danach fragt mich Max, ob ich etwas sehen will, was sonst kaum ein Tourist zu Gesicht bekommt. Na klar, dass ich da dabei bin. Und so lotst er mich hinter San Antonio del Monte in die Hügel der Region Garafía. Die Landschaft wird immer grüner, die Erde färbt sich rostig braun. Wir kurven eine Straße runter und runter und runter. Und auf einmal tut sich dieser Ausblick in Richtung Barlovento auf:
Weiter geht es die Straße entlang, die immer schmäler wird. Irgendwann gibt es auch keine Leitplanken mehr. „Hier verirren sich eh keine Touristen her und die Einheimischen können ja Autofahren,“ kommentiert Max trocken. Ein paar hundert Meter weiter geht die Straße in einen Feldweg über, den ich in diesem Zustand eher in Südamerika oder Afrika verortet hätte. Max tröstet mich: Immerhin müssen wir kein Bachbett durchqueren, wie er damals, als er in Honduras gelebt hat. Und so lotst er mich über Stock und Stein. Also ohne ihn hätte ich mich auch echt nicht weiter getraut. Doch zusammen mit Max klappt das ganz gut.
Wir halten kurz an und er zeigt mir eine Erhebung weiter hinten: Diese Straße müssen wir runter und dann den Berg wieder rauf. „Traust Du Dich das?“ fragt Max. Ja na klar, feige nennt mich niemand. (Und so sammle ich immerhin schon mal Erfahrung, falls es mich doch irgendwann einmal mit dem Auto nach Afrika oder Südamerika verschlägt.)
Auf der Montaña de la Centinela
Diverse Kurven später sind wir heil am Centinela-Berg angekommen. „Beim Parkieren den Rückwärtsgang rein und die Handbremse dazu,“ erinnert mich Max in bestem Schwizerdütsch, das ich leider nicht akkurat wiedergeben kann. Weil – und da sind wir uns einig – wenn das Auto wegrollt, wird der Rückweg zu Fuß etwas mühsam.
Die letzten Meter zum Gipfel des Montaña de la Centinela wandern wir hinauf. Oben steht ein winziges Kapellchen, das Maria geweiht ist. Hier findet tatsächlich einmal im Jahr ein Dorffest statt, bei dem eine Live-Kapelle aufspielt. Es wird getanzt und gibt kostenloses Essen. Ich bin mit meinem Besuch eindeutig ein wenig zu spät dran!
Was aber das ganze Jahr über herrlich ist: Der atemberaubende Blick über die Barrancos und die Küste von Garafía. Das Meer tost weit unten, wild schlägt es an die Felsen und spritzt meterweit nach oben. Der Wind verwuschelt meine Haare, während im Hintergrund Ziegen meckern. Und ganz schön laut tun sie das.
Leben am Abgrund: die palmerischen Ziegenhirten
Da entdecken wir wenige Meter unterhalb drei Männer. „Das sind Ziegenhirten,“ meint Max und auch ich erkenne sie an ihren langen Stecken. Die Hirtenstäbe mit der Metallspitze geben den Hirten Stabilität, wenn sie sich durch die fast schon vertikalen Wände der Barrancos bewegen. Drei Ziegen sind ihnen abhanden gekommen, erzählen sie uns. Aha, daher kommt also das laute Meckern!
Während zwei der Männer sich in die Steilwand begeben, um die Ziegen wieder einzufangen, fährt der dritte Hirte mit dem Truck ganz nach unten. Dort wird er die beiden anderen Männer – hoffentlich inklusive der verlorenen Ziegen – wieder einsammeln. Spannend und eine Begegnung, wie aus einer anderen Zeit.
Wandern macht hungrig und so kehren wir gemeinsam in Max‘ Haus in Las Tricias zurück und kochen Bratkartoffeln aus Papas arrugadas (palmerischen Salzkartoffeln). Quasi der kleinste gemeinsame Nenner aus der deutschen, der schwizer und der palmerischen Küche. Und mit Zwiebeln und Butter und etwas Gutem vom Grill eine ganz schön feine Sache.
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