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Lanzarote ‒ Zu Besuch bei César Manrique

Lanzarote ohne César Manrique? Unvorstellbar! Deswegen fangen wir unser Abenteuer auf der Vulkaninsel in Tahíche an, genauer gesagt im ehemaligen Wohnhaus des lanzarotischen Ausnahmekünstlers. Heute beherbergt das weitläufige Anwesen die Fundación César Manrique: ein Museum voll herrlicher Architektur, Kunst und Design. Besonders Manriques türkisblauer Pool hat es mir angetan ‒ ganz großes 1970er-Jahre-Kino! Kommst Du mit?

Leicht desorientierte Fahrt nach Tahíche

Juhu, wir haben eine neue Reisebegleitung! Am Flughafen von Arrecife konnten wir gestern unseren anthrazitfarbenen VW Polo abholen. Er hat erfreulich viel Bums unter der Haube und eine beruhigende Anzahl an Schrammen. In seinen Kofferraum packen wir ausreichend Wasser und Klamotten für jedes Wetter ‒ und fahren von Puerto del Carmen los in Richtung Norden.

Die Fundación César Manrique liegt in Tahíche, etwa auf halber Höhe von Lanzarote. Nachdem sich die Wolken seit heute Morgen immer höher stapeln, ist dieses (zumindest teilweise) Indoor-Abenteuer eine gute Entscheidung.

(Neu hier? „Wir? Uns?“, fragst Du Dich? Ja, das ist so eine Angewohnheit von mir: Ich beziehe meine Leser = Dich gerne in meine Entdeckungen mit ein. Dir geht das zu schnell? Lerne mich doch erstmal kennen – und entscheide dann, ob Du wirklich mit mir die Fundación César Manrique besuchen möchtest. Für alle anderen: Wir navigieren jetzt erstmal leicht verplant über die Insel, weil das Navi heute einen Hänger hat und kaufen uns dann eine Eintrittskarte.)

Eingang der Fundación César Manrique auf Lanzarote

Als wir am späten Vormittag nach einigen unfreiwilligen (und irgendwie trotzdem interessanten) Umwegen endlich an der César Manrique-Stiftung ankommen, kennen wir Lanzarote schon ein klein wenig besser.

Auf der geräumigen Parkfläche hat auch unser schnuckeliger Polo ausreichend Platz. Durch die weißen Mauern treten wir ein und erwerben am Kassenhäuschen zunächst unsere Tickets für 10€ pro Person. Geöffnet ist die Stiftung übrigens täglich von 10 bis 18 Uhr. (Die jeweils aktuellen Preise und Öffnungszeiten der Fundación César Manrique findest Du auf fcmanrique.org.)

Garten & Außenanlage der Fundación

Kaum haben wir das Gelände der Stiftung betreten, begrüßt uns ein quietschbuntes Windspiel – eines von unzähligen, die César Manrique auf ganz Lanzarote verteilt hat. Geschwind dreht es sich im Passatwind, der auf der Vulkaninsel fast ohne Unterlass weht und macht direkt gute Laune.

Über eine breite Rampe erreichen wir die „Hauptebene“ des Anwesens – und ja, ich mache mich zuallererst auf die Suche nach dem Topf. Dabei stellt sich heraus, dass die üppige Dame auf dem Schild vor der Toilette und ich heute Ton in Ton unterwegs sind. (Dass genau dieses Grün auch eine der lanzarotischen Inselfarben ist, erfahre ich erst später.)

Auf dem Weg zurück zum Haupthaus durchqueren wir den herrlichen Garten der Fundación. Dort zieht eine üppig gestaltete, bunte Mosaikmauer unseren Blick in den Bann. Das abstrakte Wandbild auf der weißen Mauer setzt einen fröhlichen Kontrast zum Schwarz des Lapilligarten, in dem wir verschiedene Sukkulenten und sogar einen kleinen Teich entdecken. Zahlreiche Bänke laden rundum zum Verweilen ein – doch wir beide haben noch keine Zeit für ein Päuschen. Die Kunst ruft!

César Manrique, ein künstlerischer Alleskönner

Als César Manrique Cabrera im Jahr 1919 in Arrecife, der Hauptstadt von Lanzarote geboren wird, ist die Kanareninsel noch lange kein Touristenmagnet. Ganz im Gegenteil: es geht ländlich zu, die Bevölkerung lebt größtenteils von Fischfang und Ackerbau.

Nichtsdestotrotz fängt Manrique schon in jungen Jahren an, sich künstlerisch zu betätigen. Obwohl ihn sein bewegtes Leben an die verschiedensten Orte führt – Teneriffa, Madrid, New York, München – zieht der Künstler lebenslang Inspiration aus der rauen Schönheit „seiner“ Insel Lanzarote.

Neben der Malerei, Bildhauerei, Film- und Fotokunst betätigt Manrique sich außerdem als Autor, Architekt, Landschaftsarchitekt, Schauspieler und vermutlich noch in weiteren Disziplinen, die ich in meiner kurzen Recherche nicht alle herausfinden konnte. Und er ist mit seiner Kunst (auch wirtschaftlich) erfolgreich.

Nach dem Tod seiner langjährigen Lebensgefährtin Pepi Gómez zieht es ihn im Jahr 1968 endgültig wieder zurück nach Lanzarote. Zu dieser Zeit fangen Touristen langsam an, die Vulkaninsel für sich zu entdecken. Und César Manrique setzt sich ein ehrgeiziges Ziel: Er möchte Lanzarote zu einem der weltweit attraktivsten Orte machen. Aus diesem Grund setzt er sich stark für den Umweltschutz auf seiner Kanareninsel ein. Dank strenger Bauvorschriften sorgt er dafür, dass keine Bettenburgen die einzigartige Vulkanlandschaft Lanzarotes verschandeln.

Manriques Werke auf Lanzarote

Außerdem schenkt César Manrique der Insel Lanzarote gleich mehrere einzigartige Sehenswürdigkeiten, die bis heute ungebrochen faszinieren und der Insel als Touristenmagnete viele Millionen Euro jährlich in die Kassen spülen:

  • Fundación César Manrique: Manriques Wohnhaus Taro de Tahíche, das er in fünf Lavablasen erbaut hat. Hier lebte er von 1968 bis 1988. Heute beherbergt das Anwesen seine Kunststiftung.
  • Mirador del Río: Aussichtspunkt mit Blick auf die Nachbarinsel La Graciosa
  • Jardín de Cactus: einzigartiger Kakteengarten in einem ehemaligen Steinbruch
  • El Diablo: Restaurant im Nationalpark Timanfaya mit einem von Vulkankluft betriebenen Grillplatz
  • Monumento al Campesino: das weiß gekalkte Bauerndenkmal hat Manrique den Landwirten auf Lanzarote gewidmet
  • Jameos del Agua: eine kunstvoll angelegte Höhlenlandschaft mit unterirdischem Konzertsaal

Darüber hinaus wirst Du über die gesamte Insel verteilt unzählige Mosaike und natürlich seine Windspiele entdecken – mal bunt, mal aus Metall, mal weiß lackiert. Du siehst: So wie César Manrique ein Leben lang Lanzarote im Herzen trug, ist auch die Insel bis zum heutigen Tag von Manrique beseelt.

Außen? Innen? Für César Manrique bürgerliche Kategorien…

Diese enge Verbundenheit des Künstlers zu seiner Heimatinsel zeigt auch die Ausstellung „100 Jahre Leben des Manrique“, die seit 2019 den großen Ausstellungsraum der Fundación César Manrique füllt. Neben seinen Werken werden hier – genau wie im Haupthaus auch – Filme über sein Lebens in Taro de Tahíche gezeigt.

Meine Gedanken nach etwa 1001 (Bewegt-)Bildern von César Manrique waren in etwa die Folgenden:

  • Spannender Typ mit viel Drive, mit dem ich gerne Zeit verbracht hätte – vor allem, um die Person hinter seiner Selbstinszenierung als fröhlichen Tausendsassa kennenzulernen. (Außerdem wäre ich unglaublich gerne in seinem Pool geschwommen – aber dazu gleich mehr.)
  • Manrique zog viel Inspiration aus Reisen, die ihn bis nach Japan, die USA oder Ägypten trugen – reisend Abenteuer zu erleben ist also nicht nur für mich als Texterin kreativer Kraftstoff.
  • Wie kann ein einzelner Mensch so unglaublich viel schaffen?!? Die schiere Menge an Kunstwerken allein auf Lanzarote und die Logistik, die dahinter steckt, ist der Wahnsinn: wie konnte er das alles malen und bauen und töpfern und schweißen und buddeln? Ich werde mich noch weiter einlesen, denn diese Leistung ist schier unglaublich.

In seinem (überirdischen) Wohnhaus angekommen faszinieren mich vor allem die geräumige Terrasse und die überdimensionierten Panoramafenster, die die fantastische Vulkanlandschaft in das Haus hereinholen. Drinnen und draußen verschwimmen miteinander – genau wie oben und unten. Denn jeder Raum verfügt zudem über Lichtschächte und Durchbrüche, die Erdgeschoss und Untergeschoss verbinden und in denen Bäume von unten ins obere Geschoß wachsen. So sah open plan living also anno 1968 aus. Darüber hinaus finden sich im Erdgeschoss Werke von Manriques künstlerischen Zeitgenossen wie Miró oder Picasso.

Unterirdisches Paradies in den Lavablasen

Doch so richtig besonders wird die ehemalige Heimstatt des Künstlers erst im Untergeschoss. Fünf Lavablasen, die Mutter Natur in der erstarrten Magma hinterlassen hat, gestaltete César Manrique auf architektonisch geniale Weise zu Wohnräumen um.

Über eine Treppe aus Basaltgestein tauchen wir ein in die erste der fünf Lavablasen. Obwohl jeder Raum einzigartig gestaltet ist, prägt alle Räume der starke Kontrast aus weiß gekalkten Böden und naturbelassenen, schwarzen Lavawänden. Schon der erste Raum – die sogenannte Brunnenblase – bezaubert mit einem künstlichen Bach, üppigen Grünpflanzen und den Sonnenstrahlen, die durch die Decke fallen und mich an der Nase kitzeln.

Ein Gang mit rohen Basaltwänden führt uns in eine Art Wohnzimmer-Höhle, in der alles in weiß gehalten und blau beleuchtet ist – von der Ledersitzgarnitur bis hin zu den Lampen. Herzstück des Raums ist eine Palme, deren Wedel sich bis hoch in das Obergeschoss strecken. Dem folgt der rote Raum mit abstrakten Skelett-Skulpturen, einer runden Sitzbank und tiefhängenden Glaslampen sowie das Badezimmer.

Verliebt in den Pool…

Ja und dann kommt mein persönlicher Lieblingsraum – der möglicherweise auch gleichzeitig mein absolutes Lanzarote-Highlight ist: der offene Innenhof mit Schwimmbad. Eine Brücke aus Lavagestein führt über den türkisfarbenen Pool, der sich aus einer fröhlich plätschernden Röhre speist.

Ausgesuchte Pflanzen (unter anderem ein Drachenbaum, Palmen und Kakteen) sowie orangene Sitzmöbel im Stil der 1970er-Jahre setzen farbliche Kontraste. All das verlockt dazu, die anderen Besucher schnurstracks herauszukomplimentieren – und direkt selbst in Taro de Tahíche einzuziehen. Was meinst Du?

Doch leider fragt uns niemand… Und so verabschieden wir uns schweren Herzens von „unserem“ Pool, durchqueren Lavablase Nummer vier und fünf – ohne großartige Vorkommnisse – und beenden damit unseren Besuch in der Fundación César Manrique mit vollem Kopf und vollen Herzen.

Ich weiß ja nicht, wie es Dir geht. Das Wetter sieht besser aus und mir ist es jetzt nach (noch) mehr Manrique, frischer Luft und Sonnenschein. Kommst Du mit in den Kaktusgarten?

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